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Die Textilindustrie im Elsass um 1840

Eigenschaften

Autor und Institut Nicolas Stoskopf, UHA (CRESAT)
Historische Zeiträume Neuzeit
Themen Handwerk und Industrie
CartographeC. Wisniewski, J. P. Droux, AHA
SkalaAlsace
Entstehungsdatum2010
Datum der letzten Änderung2011
QuelleCarte originale
Diese Karte zitierenNicolas Stoskopf, « Die Textilindustrie im Elsass um 1840 », in Atlas historique d'Alsace, www.atlas.historique.alsace.uha.fr, Université de Haute Alsace, 2011

Erläuterungen zur Karte

Die Textilindustrie im Elsass um 1840

Von den Daten, die zwischen 1839 und 1845 im Rahmen der Industriestatistik erhoben wurden, sind die Angaben zur Textilindustrie besonders interessant. An diesem Wirtschaftszweig lässt sich der Einfluss der ersten industriellen Revolution besonders gut nachvollziehen, ist diese Branche doch wie kaum eine andere auf Maschinen angewiesen. Wie Michel Hau in seinem Werk „L’Industrialisation de l’Alsace“ zeigt, erlangte die elsässische Textilindustrie ihre höchsten Wachstumsraten in der Epoche der Restauration (+14,9%) sowie der Julimonarchie (+9,7%). Zwischen 1837 und 1869 erreichte sie noch 4% Wachstum pro Jahr.

Die Textilindustrie schuf innerhalb von 30 Jahren 40'000 neue Arbeitsplätze im Departement Haut-Rhin/ Oberelsass. Damit waren drei Viertel der neu geschaffenen Arbeitsplätze im Haut-Rhin/ Oberelsass in der Textilindustrie angesiedelt. Im Jahr 1840 waren 69'000 Personen in diesem Zweig der Industrie beschäftigt, im Second Empire stieg die Zahl auf 74'000. Dieses beeindruckende Wachstum kann erklärt werden durch die Mechanisierung der Spinnerei und der Weberei (ab 1802 bzw. 1826). Zwischen 1802 und 1826 eröffneten im Elsass 42 große Baumwollspinnereien wovon 31 unabhängig produzierten und elf zu einer Textildruckerei gehörten. In den folgenden Jahren wurde dann die Weberei mechanisiert. Zwischen 1826 und 1831 wurden 17 Webereifabriken gegründet.

Ein weiterer Grund für die hohen Wachstumsraten in der Textilindustrie war die Diversifizierung der Produktpalette. Neben den klassischen Indiennes (18.Jh.), wurden nun auch Leintücher, Stoffe aus eingefärbtem Faden, Mischstoffe, Musselin, Velours, Moleskin, Seidenbänder, Tücher für andere Industriezweige oder Nähgarn produziert.

Die Karten machen wichtige Charakteristiken der industriellen Revolution in der Textilindustrie sichtbar. Als Ausgangspunkte für die industrielle Revolution können zwei Vorreiterstädte ausgemacht werden: In Mulhouse/Mülhausen wurde 1746 die erste Fabrik für Indiennes eröffnet und in Sainte-Marie-aux-Mines/Markirch 1749 die erste Weberei. Diese beiden Städte blieben über das gesamte 19.Jh. hinweg die bedeutendsten Produktionsstätten. Des Weiteren wird auf den Karten deutlich, dass sich die Textilindustrie auf einen bestimmten geografischen Raum – nämlich auf die Täler der Vogesen – beschränkte. Als Hauptgründe hierfür können die verfügbare Wasserkraft genannt werden sowie die hohe Anzahl an Arbeitskräften, die in den Tälern der Vogesen zur Verfügung stand. Die Textilindustrie war also eine im Departement Haut-Rhin/ Oberelsass angesiedelte Industrie, die sich nur bis zum Vallée de la Bruche/Breuschtal ins Departement Bas-Rhin/ Unterelsass ausbreitete.

Die Industriestatistik enthält viele interessante Daten für die Analyse der elsässischen Textilindustrie. Es muss jedoch auf Lücken der Statistik im Bereich der kleinen Textilunternehmen hingewiesen werden. So sind etwa für die Hanfverarbeitung keine Daten vorhanden. Dieser kleine Wirtschaftszweig war insbesondere im Bas-Rhin/ Unterelsass verbreitet und beschäftigte zeitweise mehrere zehntausend Spinnerinnen, welche ihre Arbeit zu Hause erledigten, sowie 5'000 Weber. Als weiterer kleiner Wirtschaftszweig ist die Produktion von Baumwoll- und Mischstoffen zu nennen, die insbesondere im Umland von Sainte-Marie-aux-Mines/Markirch in Handarbeit produziert wurde.

Ebenfalls fehlt in der Industriestatistik die Wolltuchindustrie von Bischwiller/Bischweiler, die im Second Empire zu den drei wichtigsten Standorten der elsässischen Textilindustrie zählte. Das Unternehmen produzierte in sehr vielen kleinen Fabriken und wurde deshalb auch „fabrique démocratique“ („demokratisches Unternehmen“) genannt.

Anzahl der Unternehmen pro Ort:

Fast alle Unternehmen, welche in der Industriestatistik genannt werden, waren in dem Dreieck zwischen dem Vallée de la Doller/Dollertag im Süden, den Vallée de la Bruche/Breuschtal im Norden und dem Vallée de l’Ill/Illtal im Westen angesiedelt. Des Weiteren sind drei Städte als Unternehmensstandorte zu nennen: Mulhouse/Mülhausen, Sainte-Marie-aux-Mines/Markirch und auch Bischwiller/Bischweiler, welches wie erwähnt in der Statistik nicht genannt wird. Interessant ist, dass in genau diesen drei Städten die drei reformierten Gemeinden des Elsass angesiedelt waren.

Anzahl der Arbeiter pro Ort:

Die Unterschiede in der geografischen Verteilung der Textilindustrie werden noch besser sichtbar, wenn man die jeweilige Anzahl der Arbeiter miteinander vergleicht. Auf diese Weise wird deutlich, dass in Mulhouse/Mülhausen viel mehr Personen beschäftigt waren als in Sainte-Marie-aux-Mines/Markirch. Weitere wichtige Zentren der Textilindustrie waren aus dieser Perspektive Thann-Cernay/Sennheim, Wesserling, Guebwiller/Gebweiler, Munster/Münster, Colmar-Logelbach und Ribeauvillé/Rappoltsweiler. Als Fabrik-Straßen (« Rue d’usines ») können die Vallées de la Doller sowie die der Thur, Lauch (Florival) und der Fecht bezeichnet werden. Als einzige Fabrik im Bas-Rhin/ Unterelsass ist diejenige in Huttenheim zu nennen, die seit 1826 von einer Straßburger Aktiengesellschaft betrieben wurde.

Jährliche Wertschöpfung pro Ort:

Auch an der Wertschöpfung lassen sich Unterschiede zwischen den Ortschaften ausmachen. In Mulhouse/Mülhausen war die Arbeit stark mechanisiert und auf Produkte im Hochpreissektor ausgerichtet, was zu einer hohen Wertschöpfung führte. In Sainte-Marie-aux-Mines/Markirch hingegen war die Handarbeit in der Weberei nach wie vor sehr verbreitet, was eine geringere Wertschöpfung ermöglichte. Claude Fohlen spricht in diesem Zusammenhang gar von einer Welt für sich, welche an den Fortschritten der industriellen Revolution nicht teilhatte.

Stark ins Gewicht fallen in dieser Übersicht die großen Fabriken, welche Spinnereien, Webereinen und Druckereien unter einem Dach vereinten. Hier sind insbesondere Gros, Odier, Roman & Cie in Wesserling oder Hartmann & Fils in Münster zu nennen.

Aufteilung der Arbeit nach Orten und Produktionsschritten

(Hinweis: Der Maßstab dieser Karte unterscheidet sich von demjenigen der Karte „Anzahl der Arbeiter pro Ort“):

Wie Michel Hau deutlich macht (ebd. S.77), war es im 18.Jh. nicht üblich, alle Produktionsschritte, welche dem Bedrucken der Stoffe nachgelagert waren, vor Ort zu bewerkstelligen. In Genf, Bern oder Nantes, wo es eine Stoffdruckindustrie gab, ist die Gründung von Unternehmen ausgeblieben, welche die Weiterverarbeitung der bedruckten Stoffe hätten übernehmen können. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass die Stoffdruckindustrie in diesen drei Städten im darauf folgenden Jahrhundert einging.

Anders ist die Entwicklung im Elsass verlaufen. Hier gelang es, in der Textilindustrie den Prozess einer „aufsteigenden“ Industrialisierung (processus d’industrialisation remontante) in Gang zu bringen. Weiter gelang es im Elsass, die Produktpalette in bemerkenswerter Weise zu diversifizieren.

Auf der Karte ist gut zu erkennen, dass sich die Unternehmen der Textilveredelung, zu denen der Druck gehört, in größeren Zentren zusammenfanden (Mulhouse, aber auch Wesserling, Thann und Münster). Die der Veredelung vorgeschalteten Spinnereien und Webereien hingegen sind stärker in der Region verstreut. Auf der Karte wird deutlich, dass das südliche Departement Bas-Rhin/ Unterelsass mit seinen Spinnereien und Webereien als Peripherie der im Haut-Rhin/ Oberelsass angesiedelten Textilveredelungsindustrie angesehen werden muss. Eine Ausnahme bilden die Unternehmen in Strasbourg und Schiltigheim, wo Unternehmen angesiedelt waren, die Wachstücher herstellten.

Quelle:

  • Enquête industrielle de 1839-1845, Statistique générale de la France, 1ère série, volume 7, Paris, Imprimerie nationale, 1847, p. 130-147. 

Bibliografie:

  • Société industrielle de Mulhouse, Histoire documentaire de l’industrie de Mulhouse et de ses environs au XIXe siècleMulhouse, Vve Bader & Cie, 1902
  • LEVY (Raymond), Histoire économique de l’industrie cotonnière en AlsaceParis, 1912
  • FOEHLEN (Claude), L’Industrie textile au temps du Second EmpireParis, Plon, 1956
  • HAU (Michel), L’Industrialisation de l’Alsace (1803-1939), Strasbourg, Presses universitaires de Strasbourg, 1987
  • STOSKOPF (Nicolas)Les Patrons du Second Empirevol. 4, Alsace, Paris, Picard-Cénomane, 1994
  • HAU (Michel), STOSKOPF (Nicolas)Les Dynasties alsaciennes du XVIIe siècle à nos joursParis, Perrin, 2005.
  • Sur le cas de Bischwiller :DEHIO (Katharina), Die Bischweiler Tuchindustrie, eine wirtschftsgeschichtliche StudieStrasbourg, 1912;  DAUMAS (Jean-Claude), L’Amour du drap : Blin & Blin, 1827-1975, Besançon, PUFC, 1999.
  • Sur l’industrie à domicile du chanvre dans le Bas-Rhin : STOSKOPF (Nicolas)La Petite Industrie dans le Bas-Rhin, 1810-1870Strasbourg, Oberlin, 1987.

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