Historischer Atlas des Elsass, die Geschichte des Elsass in Karten
Eigenschaften
Autor und Institut | Jean-Michel Boehler | |
Historische Zeiträume | Frühe Neuzeit | |
Themen | Religion - Territorien | |
Cartographe | J. Gnaedig, AHA | |
Skala | Locale | |
Entstehungsdatum | 1995 | |
Datum der letzten Änderung | 2009 | |
Quelle | Jean-Michel Boehler : Une société rurale en milieu rhénan : la paysannerie de la plaine d’Alsace (1648-1789), Strasbourg, 1994, t. I, p. 132-133. | |
Diese Karte zitieren | Jean-Michel Boehler, « Der Kochersberg im 18. Jahrhundert: ein Mosaik aus Grundherrschaften und religiösen Zugehörigkeiten », in Atlas historique d'Alsace, www.atlas.historique.alsace.uha.fr, Université de Haute Alsace, 2009 |
Erläuterungen zur Karte
Um das Mosaik der Grundherrschaften im Elsass zu veranschaulichen, gibt es wohl kaum ein besseres Beispiel als den Kochersberg. Zugleich naturräumliche Einheit und durch Menschenhand gestaltete Region, bildete dieses Gebiet im Ancien Régime keine einförmige politische oder administrative Einheit. Mehr als jede andere Region des Elsass zeichnete sich der Kochersberg vielmehr dadurch aus, dass er zwischen verschiedenen Grundherren aufgeteilt war. Dazu gehörten etwa:
Die verschiedenen Besitzrechte überlappten sich dabei so stark, dass ein Dorf gleichzeitig von mehreren Grundherren abhängig sein konnte. Der Fall war dies beispielsweise in Hurtigheim, das in „Viertel“ aufgeteilt war. Ein Viertel der Bevölkerung beanspruchte der Bischof von Straßburg, die restlichen drei Viertel hingegen standen unter der Herrschaft der Zorn und der von Mackau. Friedolsheim und Ittlenheim waren hingegen zwischen dem Straßburger Bischof und der Stadt Straßburg aufgeteilt. Furdenheim wiederum gehörte zu acht Teilen von 32 denen von Oberkirch und zu neun Teilen denen von Joham (beide Familien waren Mitglied im Direktorium des niederelsässischen Adels). Den Löwenanteil schließlich, 15 Teile von 32, beanspruchte die Straßburger Bürgerfamilie Reisseisen.
Eine solche Verteilung von Herrschaftsrechten ging nach dem Prinzip des „Cujus regio ejus religio“ in der Regel mit einer entsprechenden konfessionellen Zugehörigkeit der Pfarrgemeinden einher. Die vom Straßburger Bischof abhängenden Dörfer hatten so alle Chancen, der Reformation zu entgehen und katholisch zu bleiben. Das gleiche galt auch für die Dörfer der Oberlandvogtei Hagenau. Diejenigen Orte wiederum, die zu den Territorien der Stadt Straßburg oder des Grafen von Hanau gehörten, waren selbstverständlich protestantisch. Pfarrbezirke, deren konfessionelle Ausrichtung nicht mit der politischen Zugehörigkeit übereinstimmte, waren hingegen selten. In der Regel handelte es sich dabei um Gemeinden, die spät zum Protestantismus oder zum Katholizismus übergetreten waren. Meistens aber deckten sich die weltliche Macht und die geistliche Autorität, von der die Grundherren abhingen.
Während die Besitzungen der Württemberger, der Mazarin oder der Rappoltstein/Ribeaupierre im Oberelsass regelrechte „Blöcke“ bildeten, trug die grundherrschaftliche Zugehörigkeit im Kochersberg nicht zur Ausbildung einer territorialen Homogenität bei. Die Region stellt vielmehr den Extremfall einer für das Unterelsass charakteristischen Zersplitterung der Grundherrschaften dar. Zur Einheitlichkeit fand sie letztlich durch die Zugehörigkeit zu einem „Land“ – also zu einer vor allem naturräumlichen und durch das Leben ihrer Bewohner geprägten Einheit.
Übersetzung: Falk Bretschneider